Wissensarbeit
Das Konzept der „Wissensarbeit“ verspricht in Zeiten tiefgreifender Umbrüche in der Arbeitswelt das „Neue der Arbeit“ als weiter stetigen Fortschritt in eine fast schon fertige postfordistische Realität. Den Unternehmen verspricht es den erweiterten Zugriff auf Wissen als die heute entscheidende Produktivkraft. Den modernen Wissensarbeiterinnen und Wissensarbeitern wird mehr Freiheit und Selbstverwirklichung in der Arbeit suggeriert. „Wissen“ als Produktivkraft einzuordnen – wie Boden, Kapital und Arbeit – ist aber fragwürdig. Es ist nicht messbar und es aktualisiert sich immer nur im Vollzug von Handlungen, gehört damit der lebendigen Arbeit in ihrem Vollzug an.
Wissen ist zudem Voraussetzung jeder bisherigen menschlichen Gesellschaft gewesen. Worum es heute also als das „Neue der Wissensgesellschaft“ gehen kann, ist eigentlich das abstrakte wissenschaftliche Wissen. Geht es um abstraktes wissenschaftliches Wissen wird auch von der „Wissensgesellschaft“ gesprochen.
Problematisch wird die einseitige Akzentuierung auf „Wissen als das Neue“, wenn damit ausgeblendet wird, dass in einer globalisierten Ökonomie industrielle Arbeit selbstverständlich auch weiterhin von grundlegender Bedeutung bleibt, auch wenn sie zum einen infolge der „Verwissenschaftlichung“ der Produktion selbst zunehmend Züge von „Wissensarbeit“ annimmt und sich global neu verteilt.
Erwerbsarbeit heute erfordert im Zeichen ihrer „Subjektivierung“ immer anspruchsvoller entwickelte, zu wissenschaftlicher Arbeit befähigte und in ihrer Kooperation anders organisierte menschliche Arbeitsvermögen, um die gesellschaftlichen Produktivkräfte auszuschöpfen und weiterzuentwickeln. In diesem Sine kann zu Recht von „Wissensarbeit“ gesprochen werden.
Das „Neue“ und die Widersprüchlichkeit von „Wissensarbeit“ wurde aus verschiedenen Perspektiven im Forum Neue Politik der Arbeit diskutiert. Für die weitere wissensgesellschaftliche Entwicklung wurden Thesen formuliert und u.a. die Forderung gestellt, mit Nachdruck die Notwendigkeit der Umsteuerung der herrschenden Wirtschaftsverhältnisse in „nachhaltiges Wirtschaften“ zu reflektieren. Eine derart tiefgreifende Restrukturierung des gesamten gesellschaftlichen Reproduktion erfordere hohe zusätzliche Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen und im höchsten Maße kooperative sowie inter- und transdisziplinäre Problemlösungen. Ohne deutliche Ausweitung qualifizierter Wissensarbeit auf Basis stabiler Rahmenbedingungen und neuer institutioneller Arrangements sei das gar nicht zu leisten. Auch müssten dabei die Ungleichheiten gesellschaftlicher Entwicklung in verschiedenen Regionen der Welt bedacht und beispielsweise durch internationale Kooperationen bearbeitet werden.